Tom Stoppard – Arkadien, Premiere
Lampenfieber
Lampenfieber, wieder hatte es mich erwischt. Es ist immer der erste Auftritt, wenn man zum ersten Mal ins Scheinwerferlicht tritt, angeschaut von Dutzenden Augenpaaren. Nur nicht ins Publikum schauen, nicht aus der Rolle fallen. Ich hatte weiche Knie. Zum Glück trug ich als Landschaftsarchitekt Richard Noakes einen langen Mantel und hatte am Anfang nicht viel zu sagen. Lampenfieber ist auch schön, es zeigt mir, dass ich noch nicht vollends abgeklärt und reaktionslos bin.
1. Rolle – Richard Noakes
Richard Noakes spiele ich als Karrikatur, er ist extrem überzeugt von sich und seinen Gartenplänen. Es fällt mir etwas schwer, denn Lady Croom ist überhaupt nicht begeistert und verschafft ihrem Unmut deutlich Ausdruck. Aber ich kriege das nicht mit und äußere mich mit höchster Verzückung. Ich denke immer, dass er auf Kokain ist.
2. Rolle – Gus Coverly
Meine zweite Rolle, der stumme Gus Coverly, liegt mir da schon besser. Er ist extrem introvertiert, spricht nicht und hat dementsprechend auch Angst vor fremden Leuten. Mein erster Auftritt ist deshalb recht kurz, ich komme auf die Bühne, sehe Bernard Nightingale, der mich begrüßen möchte, erschrecke und verlasse die Bühne auch schon wieder. Die Herausforderung bei diesem Auftritt ist für mich, nicht zu lachen, sondern die Bestürzung authentisch zu zeigen. Also nicht mein Gesicht zu arg zu verziehen, ganz wenig machen, einfach handeln. Als Gus habe ich noch weitere, kurze Auftritte, besonders schön ist das Überreichen eines Apfels an Hannah am Ende der zweiten Szene.
Zum Entstehungsprozess
Wenn ich ehrlich bin, überrascht mich das gute Ankommen des Stückes beim Premierenpublikum. Ich hatte große Bedenken, ob das Publikum nicht durch die vielen intellektuellen Anspielungen und Bezüge zwischen den Zeitebenen abgehängt wird. Es gibt etliche lange Dialoge, in denen nicht viel passiert, außer dass sich die Protagonisten über historische Quellen und andere Fragen austauschen. Aber der Wechsel zwischen diesen erklärenden Passagen der Neuzeit, der handlungsreichen alten Zeit und den unterhaltsamen Auftritten der anderen Neuzeit-Protagonisten (wie Gus) erwies sich als gutes Mittel gegen die eventuell aufkommende Langeweile, es passiert dann doch immer wieder etwas und in der allerletzten Szene werden die beiden Zeiten ohnehin auf geniale Weise verknüpft und ein paralleler Walzer beschließt das Stück stimmungsvoll.
Für mich war der Entstehungsprozess des Stückes eher schleppend. Das mag zum einen am enormen Kontrast zum vergangenen Jahr liegen, als wir mit Maurice einen extrem zupackenden und fordernden Regisseur hatten, dem das Physische an den Rollen am wichtigsten war. Tobias war da das ganze Gegenteil, bedächtig vorgehend und sorgsam abwägend, an den Feinheiten der Betonung interessiert. Vom Stil her war mir das Zupackende lieber, außerdem hatte ich ja zwei kleine Rollen, weshalb ich dieses Jahr schauspielerisch weniger gefordert war. Aber es gibt keine kleinen Rollen, sondern nur kleine Schauspieler und die Reaktionen des Publikums auf Gus versöhnen mich.
Wie weiter?
Was bleibt, ist die Frage nach meiner schauspielerischen Weiterentwicklung. Mein Anspruch ist nach wie vor, authentisch spielen zu lernen, inspiriert durch Stanislawski und Stella Adler. Ich hoffe, dass ich dies im Schauspieltraining Gessnerallee Backstage lernen kann, wo ich parallel seit April bin.