21.8.2005

Grillieren

Soeben bin ich von meiner ersten richtigen Schweizer Party zurückgekehrt. Eine Kollegin aus dem Labor hatte eingeladen, ein Grillfest stand auf dem Programm. Nachdem ich das doch recht großzügig dimensionierte Haus gefunden hatte (Anwesen wäre vielleicht der passendere Begriff), sah ich eine riesige Menge an Leuten, die ich noch nie zuvor gesehen hatte. Die meisten waren Schweizer, so dass ich durch einige Gespräche mal einen Eindruck von Schweizern abseits der Labortüren gewinnen konnte.

Die meisten waren total nett und auch sehr offen, ich setzte mich irgendwo hin oder gesellte mich zu einer stehenden Gruppe und schon bald war ich ins Gespräch mit einbezogen. Die Schweizer hatten eigentlich alle verdammt viel Ahnung von der deutschen Politik, ich wurde sogar auf Stoibers Äußerung bezüglich der Ostdeutschen angesprochen. Ein Schweizer versuchte mir auch, das Eidgenössische politische System näher zu bringen. Die Regierung besteht aus 7 Ministern aller Parteien nach einem bestimmten Schlüssel. An den Verhältnissen (wie viele Ministerposten jede Partei jeweils hat) änderte sich erst vor kurzer Zeit etwas — nach 60 Jahren stellt eine Partei nun zwei Sitze, die andere Partei musste einen ihrer vorher zwei Sitze abgeben.

Das Verhältnis der Schweizer zu den Deutschen ist durch eine gewisse Abwehrhaltung gegenüber der wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Dominanz des weitaus größeren nördlichen Nachbarn gekennzeichnet. Während vor dem Ersten Weltkrieg wohl noch viele Schweizer sehr freundlich gegenüber dem Kaiserreich eingestellt waren, änderte sich das durch die beiden Weltkriege völlig. Desweiteren ist die Schweiz im Grunde ein zerrissenes Land. Der Norden ist deutsch geprägt und der Westen französisch.

Das Schönste war jedoch dann auch ein Flügel, an dem ich dann mal die vier Stücke, welche ich auswendig beherrsche, spielte. Ich merkte, dass so ein Flügel doch anders klingt als mein elektronisches E-Piano, insbesondere durch den krassen Hall-Effekt des Heim-Pianos. Der Flügel klang da fast dünn, schließlich stand er in einem kleinen Musizierraum. Die Leute, welche in der Nähe waren, fanden meine musikalischen Fähigkeiten dann auch entsprechend toll, die eine Schweizerin meinte dann auch, ich sei wohl ein Musikstudent. Sie bezog das auch auf meine gesamte Erscheinung, das war mir vorher noch nie passiert.