William Shakespeare – Richard III.
Die neue Spielzeit am Schauspiel Leipzig bietet einige Klassiker der Theaterliteratur, wir besuchen das zeitlose Drama Richard III. von William Shakespeare, inszeniert von Enrico Lübbe. In der Hauptrolle spielte eine grandiose Anne Cathrin Buhtz.
Shakespeare tat dem historischen Vorbild Richard III. viel Unrecht mit diesem Drama, wie so oft schrieben die Sieger Geschichte und stellten ihren Vorgänger als machtbesessenen und skrupellosen Krüppel dar. Und so begegnen wir gleich zu Beginn dem Protagonisten, der uns in einem wunderbaren Monolog seine Natur und Ziele offenbart.
GLOSTER
Nun ward der Winter unsers Mißvergnügens
Glorreicher Sommer durch die Sonne Yorks;
Die Wolken all, die unser Haus bedräut,
Sind in des Weltmeers tiefem Schoß begraben.
Nun zieren unsre Brauen Siegeskränze,
Die schart’gen Waffen hängen als Trophä’n;
Aus rauhem Feldlärm wurden muntre Feste,
Aus furchtbarn Märschen holde Tanzmusiken.
Der grimm’ge Krieg hat seine Stirn entrunzelt,
Und statt zu reiten das geharn’schte Roß,
Um drohnder Gegner Seelen zu erschrecken,
Hüpft er behend in einer Dame Zimmer
Nach üppigem Gefallen einer Laute.
Doch ich, zu Possenspielen nicht gemacht,
Noch um zu buhlen mit verliebten Spiegeln;
Ich, roh geprägt, entblößt von Liebesmajestät
Vor leicht sich dreh’nden Nymphen mich zu brüsten;
Ich, um dies schöne Ebenmaß verkürzt,
Von der Natur um Bildung falsch betrogen,
Entstellt, verwahrlost, vor der Zeit gesandt
In diese Welt des Atmens, halb kaum fertig
Gemacht, und zwar so lahm und ungeziemend,
Daß Hunde bellen, hink ich wo vorbei;
Ich nun, in dieser schlaffen Friedenszeit,
Weiß keine Lust, die Zeit mir zu vertreiben,
Als meinen Schatten in der Sonne spähn
Und meine eigne Mißgestalt erörtern;
Und darum, weil ich nicht als ein Verliebter
Kann kürzen diese fein beredten Tage,
Bin ich gewillt, ein Bösewicht zu werden
Und feind den eitlen Freuden dieser Tage.
Anschläge macht’ ich, schlimme Einleitungen,
Durch trunkne Weissagungen, Schriften, Träume,
Um meinen Bruder Clarence und den König
In Todfeindschaft einander zu verhetzen.
Und ist nur König Eduard treu und echt,
Wie ich verschmitzt, falsch und verräterisch,
So muß heut Clarence eng verhaftet werden,
Für eine Weissagung, die sagt, daß G
Den Erben Eduards nach dem Leben steh’.
Taucht unter, ihr Gedanken! Clarence kommt.
Quelle: Projekt Gutenberg
Sodann beginnt das Shakespearesche Intrigenspiel, bei dem Richard sämtliche Gegenspieler aus dem Weg räumt. Seinen Bruder Clarence lässt er im Tower ermorden, ebenso nach dem Tod seines älteren Bruders Edward IV. dessen beide Söhne, die Prinzen im Tower. Auch Lordkanzler Hastings wird wegen Hochverrats zum Tod verurteilt, am Ende muss auch der treue Duke Buckingham dran glauben. Die letzte Schlacht schlägt Richard auf der Bühne ganz alleine, bis zu dem berühmten Ausruf:
Ein Pferd! ein Pferd! mein Königreich für ein Pferd!
Es gab viel Gutes zu bestaunen, die Figuren waren allesamt liebevoll gestaltet, selbst die beiden Mörder hatten ihren Auftritt und schaukelten vor der Bluttat einträchtig in der Hollywood-Schaukel. Das Bühnenbild erinnerte an einen düsteren, alten Keller mit Holzgitterwänden und Abfallsäcken, darin dann auch der eine oder andere Leichnam. Da war nichts Prunkvolles, Macht und Verrat spielten sich in dunklen Ecken und Verhauen ab.