28.10.2002

Theater, der Vorhang ist gefallen

Nach drei glorreichen Aufführungen und der Demontage der Bühne ist “rebel without a cause” Geschichte. Was bleibt ist die Erinnerung an ein paar sehr anstrengende Wochen mit allabendlichen Proben, an all die Gesichter und Menschen, an die immer wieder motivierenden Reden von unserem Regisseur Mike, an die kleinen Pannen und an viele weitere Einzelheiten. Noch steht uns die Abschlussfete bevor, dann sind die Gedanken der meisten Leute schon bei der nächsten Show, einem noch nicht näher bestimmten Musical.

Am Samstag – zur letzten Aufführung – gab es noch ein paar sehr emotionale Momente. Mike stimmte uns vor der Aufführung mit einer Rede ein, die ich von ihm so nie erwartet hätte. Er sagte uns, dass seine Mutter im Pulikum säße und wieviel er ihr verdanke. Es war echt bewegend und mit erneuertem Enthusiasmus stürzten wir uns ins Geschehen. Nach der Aufführung wurden alle wichtigen Beteiligten auf die Bühne geholt und es gab Blumen. Auch Mike’s Mutter kam nach vorn und sagte mit gerührter Stimme, wie stolz sie auf ihren Sohn sei und wie froh, dass sie heute Abend dieses Stück angeschaut habe. Mike brachte kein Wort heraus, für ihn eher untypisch. Also ein sehr emotionaler Abschied.

Die meiste Zeit des Stückes verbringe ich übrigens im Umkleideraum, zusammen mit anderen Leuten, welche auch nur kleine Rollen spielen. Das Umziehen ist schnell geschehen, meistens las ich danach ein Buch. Gelegentlich kommt jemand herunter und wird sofort ausgequetscht, ob alles gut gelaufen sei. Der Ablauf ist allen hinreichend bekannt, so dass man sich dann auch ungefähre Vorstellungen von der verbleibenden Wartezeit machen kann. Irgendwann kommt dann der Ruf, dass sich alle Leute einer bestimmten Szene fertig machen sollen. Aus dem grellen Licht des Umkleideraumes steige ich die dunklen Treppen zur Bühne hinauf. Auf der Bühne höre ich jetzt die gerade darauf befindlichen Leute. Leise laufe ich weiter, zu der Stelle, von der aus ich dann in einigen Minuten in Aktion treten werde. Es herrscht völlige Dunkelheit, ich tapse in der Finsernis, ahne mehr als ich sehe. Nach langen Minuten des Wartens ist es soweit, der Szenenwechsel findet statt und die Scheinwerfer beleuchten nun auch mich, lassen mich für das Publikum überhaupt existieren. Ich sage meine Zeilen, laufe meine Bahnen, schaue in die vorgesehenen Richtungen, bis zum Abgang.

Für ein paar Minuten stand ich im Scheinwerferlicht auf der Bühne, von hunderten Augen verfolgt, von hunderten Ohren gehört. Ich war der kleine Teil einer Geschichte, einer veränderten Wirklichkeit.

Nun sitze ich also wieder hier, bin ein wenig verändert und doch noch der Alte. Neu ist nun diese Ungewissheit, was ich mit meiner abendlichen Zeit anfangen soll.