30.1.2011

William Shakespeare – Macbeth

Am Donnerstag lasen wir in erlesener Runde einen weiteren Klassiker – Macbeth von William Shakespeare. In diesem Artikel möchte ich gern meine Eindrücke festhalten. Wir entschieden uns für die Übersetzung von Frank Günther, welche eher treu als schön ist. Schiller versuchte sich auch daran und legte mehr Wert auf schöne Sprache.

Im Gegensatz zu anderen Shakespeare-Werken gibt es bei Macbeth nur wenige Zitate, die außerhalb des Werkes bekannt sind. Am ehesten vielleicht noch der Monolog des vereinsamten, lebensmüden Tyrannen, der teilnahmslos vom Tod seiner Frau erfährt.

Original

MACBETH:
To-morrow, and to-morrow, and to-morrow,
Creeps in this petty pace from day to day,
To the last syllable of recorded time;
And all our yesterdays have lighted fools
The way to dusty death. Out, out, brief candle!
Life’s but a walking shadow, a poor player,
That struts and frets his hour upon the stage,
And then is heard no more. It is a tale
Told by an idiot, full of sound and fury,
Signifying nothing.

Übersetzung von Friedrich Schiller

MACBETH:
Morgen, Morgen
Und wieder Morgen kriecht in seinem kurzen Schritt
Von einem Tag zum andern, bis zum letzten
Buchstaben der uns zugemeßnen Zeit,
Und alle unsre Gestern haben Narren
Zum modervollen Grabe hingeleuchtet!
— Aus, aus, du kleine Kerze! Was ist Leben?
Ein Schatte, der vorüber streicht! Ein armer Gaukler,
Der seine Stunde lang sich auf der Bühne
Zerquält und tobt; dann hört man ihn nicht mehr.
Ein Märchen ist es, das ein Thor erzählt,
Voll Wortschwall, und bedeutet nichts.

Übersetzung von Frank Günther

MACBETH:
Und morgen und dann morgen und dann morgen,
So kriecht’s im Schleicheschritt von Tag zu Tag
Zur letzten Silbe hin im Lebensbuch;
Und alles Gestern hat nur Narrn geleuchtet
Beim Gang zu Dreck und Tod. Aus, aus klein Herzlein!
Lebens ist nur ein Wanderschattenschauspiel;
Ein armer Komödiant, der seine Zeit
Abstolzt und abschnauft auf der Bühne und
Nie mehr gehört wird dann; ist eine Mär
Aus einem Tölpelmund, voll von Getön
Und Toben, und bedeutet nichts.

Die Geschichte ist schnell erzählt. Dem siegreichen Feldherren Macbeth wird durch drei Hexen geweissagt, dass er Than von Cawdor und dereinst König würde. Nachdem der erste Teil der Prophezeiung eintrifft, plant Macbeth gemeinsam mit seiner Frau die Ermordung des amtierenden Königs. Nachdem die Tat vollstreckt ist, wird Macbeth tatsächlich König. Jedoch kann er diese Würde nicht wirklich genießen und wird zunehmend von Gewissensbissen und Wahnvorstellungen gepeinigt. Er sucht die Hexen erneut auf, diese prophezeien ihm, dass er solange sicher sei, bis der Wald von Dirnam sich auf die Festung Dunsinane zubewege. Und kein Mann, von einer Frau geboren, könne ihm etwas anhaben. Derweil formiert sich Widerstand, aus England marschiert ein Heer, um Macbeth zu stürzen. Zur Tarnung tragen die Soldaten Zweige vor sich her, so dass Macbeth diese Prophezeiung sich auch erfüllen sieht. Und im Duell mit Macduff erfährt Macbeth, dass dieser durch Kaiserschnitt auf die Welt kam. Schließlich tötet Macduff Macbeth und stellt die göttliche Ordnung wieder her, die nach der Bluttat in Frage gestellt worden war.

Im Gegensatz zu anderen Shakespeare-Dramen ist Macbeth leichter zugänglich und auch deutlich kürzer als beispielsweise Hamlet oder König Lear. Markant sind die Hexenszenen, diese herrlich fiesen Geschöpfe bringen durch ihre zweideutigen Weissagungen die Handlung ins Rollen und stürzen Schottland ins Chaos. Natürlich könnte man auch auf die Hexen verzichten oder sie als innere Stimmen interpretieren, aber effektvoll sind sie allemal, wie auch viele andere Szenen und Szenenwechsel. Ein weiterer Höhepunkt ist der zotige Pförtner vom Beginn des dritten Aktes, welcher mit seinen derben Witzen die Stimmung nach der Bluttat auflockert. Köstlich auch die Selbstbezichtigungen von Malcolm, der sich als potenzieller frauen- und geldgierigen Ursupator verunglimpft, sollte er den Thron besteigen.

Auf der Negativseite ist eigentlich nur die Sprache zu erwähnen. Frank Günther hat größtenteils eine gute Übersetzung hingelegt, aber Deutsch ist einfach sperriger und einige Verbumstellungen erschweren das Verständnis erheblich. Das Versmaß sollte halt beibehalten werden, durch diese Einschränkung wird zwar der rhythmische Charakter gewahrt, aber eben auf Kosten der Verständlichkeit. Die Schiller-Übersetzung ist angenehmer zu lesen.

Sehr gern sähe ich mal eine schöne Inszenierung, die vom Pfauen (Sebastian Nübling, 2008) war einfach nur geschmacklos. Lady Macbeth wurde von oben bis unten mit blutroter Flüssigkeit besprüht, Zuschauer verließen den Saal, so bleibt man als Regisseur im Gedächtnis.